Rechtsextremismus stellt nach wie vor ein wesentliches, gesellschaftliches Problem dar, das unsere freiheitlich demokratische Grundordnung bedroht. Rechtsextreme Einstellungen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind, wie wissenschaftliche Erhebungen immer wieder nachweisen, in allen Teilen der Bevölkerung und in allen Regionen Deutschlands vertreten. Wenngleich rechtsextreme und andere menschenfeindliche Einstellungen in allen Altersgruppen auftreten, unterliegen insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene einem besonderen Gefährdungspotenzial diese Ansichten unreflektiert zu übernehmen. Entsprechende Einstellungen können einen Nähr- und Resonanzboden für das Entstehen von organisiertem und gewalttätigem Rechtsextremismus bilden.
Das NZK hat eine Übersicht über die Ergebnisse abgeschlossener Evaluationsstudien zu sekundär- und tertiärpräventiven Maßnahmen in diesem Themenfeld erstellt. Den Bericht finden Sie hier.
Die Stärkung von demokratischen Entwicklungsprozessen und die Vorbeugung von Extremismus sind primär bildungspolitische Aufgaben. Die Institution Schule bildet dabei einen der vorrangigen Lernorte. Dies geschieht in erster Linie durch die Vermittlung von Werten, aber auch über gezielten Präventionsunterricht. Eine dieser schulischen Präventionsmaßnahmen sind Veranstaltungen von und mit ehemaligen Extremisten.
Aussteiger aus extremistischen Szenen sind – ebenso wie etwa Suchterkrankte und Straffällige – seit Jahren in der (außer-)schulischen Präventions- und Bildungsarbeit tätig. Mit Blick auf ehemalige Extremisten existierten bislang kaum empirisch fundierte Kenntnisse über die Wirkung solcher Präventionsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund wurde die Durchführung eines umfassenden Forschungsprojekts als Erfordernis erachtet.
Dieses Forschungsprojekt setzte sich aus zwei Hauptteilen zusammen: Zum einen umfasste es eine Bestandserhebung zu entsprechenden Tätigkeiten von Aussteigern aus extremistischen Szenen in Deutschland. Diese erfolgte mittels semi-strukturierter Interviews, einer bundesweiten postalischen Befragung von relevanten Landesakteuren sowie einer Medienanalyse. Zum anderen wurde eine Prozess- und Wirkungsuntersuchung einer schulbasierten Präventionsmaßnahme eines früheren Rechtsextremen durchgeführt. Schriftliche Befragungen von schulischen Ansprechpartnern, Lehrkräften und Schülern sowie teilnehmende Beobachtungen waren u.a. Bestandteil der wissenschaftlichen Begleitung der exemplarischen Präventionsmaßnahme. Der Evaluationsteil des Forschungsprojekts wurde an öffentlichen Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein mit Unterstützung der dortigen Landesregierung durchgeführt.
Die im Rahmen der Evaluationsstudie generierten Ergebnisse wiesen nicht auf einen Einfluss der untersuchten schulbasierten Präventionsmaßnahme auf rechtsextreme Einstellungen, Gewalt und Delinquenz hin. Zudem konnten auf Seiten der Maßnahmenteilnehmer im Vergleich zur Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich eines Wissenszugewinns oder einer außerschulischen Weiterbeschäftigung mit dem Thema Rechtsextremismus festgestellt werden. Obwohl der Referent und die Präventionsmaßnahme von der Mehrheit der Schülerinnen und Schüler positiv eingeschätzt wurden, waren auch kritische Aspekte identifizierbar.
Generell ist darauf hinzuweisen, dass ausschließlich über die wissenschaftlich begleitete primärpräventive Schulmaßnahme des Referenten Aussagen getroffen werden können. Zu anderen von ihm durchgeführten Präventionstätigkeiten, etwa im Bereich der Sekundärprävention, können hingegen keine Bewertungen vorgenommen werden. Auf Grundlage der vorliegenden Evaluationsergebnisse können entsprechend auch keine Rückschlüsse auf Qualität, Inhalt und Effekte dieser Angebote gezogen werden. Eine über die wissenschaftliche Begleitung hinausgehende Zusammenarbeit zwischen dem NZK und dem Referenten bestand nicht.
Das Forschungsprojekt ist abgeschlossen. Die sowohl wissenschaftlich als auch praxisorientiert aufbereiteten Forschungsergebnisse finden Sie unter Veröffentlichungen.